Bei Anti-Rassismus-Protesten im englischen Bristol haben Demonstranten die Statue eines britischen Sklavenhändlers vom Sockel geholt und ins Hafenbecken geworfen. Wie die Videoaufnahme eines Augenzeugen zeigt, zogen Demonstranten am Sonntag eine Schlinge um den Hals der Statue von Edward Colston und brachten sie zu Fall. Unter Jubelschreien schleppten sie dann die Bronzestatue zum Hafen, wo sie das Denkmal im Fluss Avon versenkten.
Die Polizei in der Stadt im Südwesten Englands kündigte Ermittlungen an. Der im 17. Jahrhundert in eine wohlhabende Händlerfamilie geborene Colston arbeitete für die Königlich-Afrikanische Gesellschaft, die jährlich rund 5000 Menschen versklavte. Später erwarb Colston sich durch Spenden an Schulen und Krankenhäuser den Ruf eines Philantrophen.
An der Demonstration in Bristol hatten nach Angaben des örtlichen Polizeichefs etwa 10.000 Menschen teilgenommen. Einige Dutzend knöpften sich dann am Rande die Bronzestatue vor. Demonstranten trampelten auf dem umgestürzten Denkmal herum und sprühten rote Farbe in dessen Gesicht.
Zudem kniete ein Demonstrant auf dem Nacken der Statue, bevor diese in den Fluss geworfen wurde – damit bezog sich der Demonstrant auf den Tod des Afroamerikaners George Floyd vor knapp zwei Wochen. Floyd war gestorben, nachdem ein weißer Polizist fast neun Minuten lang auf seinem Nacken gekniet hatte. Der Vorfall war der Auslöser der derzeitigen weltweiten Anti-Rassismus-Proteste.
„Heute bin ich Zeuge von Geschichte“, schrieb William Want, der das Video von dem Sturz der Colston-Statue veröffentlichte, im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der Bürgermeister von Bristol, Marvin Rees, erklärte, die 1895 errichtete Statue habe seit Jahren für Kontroversen gesorgt. Es sei wichtig, jenen Menschen zuzuhören, für die sie ein Affront gewesen sei.
Die britische Innenministerin Priti Patel nannte den Angriff auf die Statue jedoch „zutiefst schändlich“. Sie sprach im Sender Sky News von „Vandalismus“ und einem „völlig inakzeptablen Akt“. Premierminister Boris Johnson verurteilte die wiederholten Ausschreitungen bei den Anti-Rassismus-Protesten, ging jedoch nicht auf das Niederreißen des Colston-Denkmals ein. Die Gewaltakte seien ein „Verrat“ an den von den Demonstranten propagierten Zielen, twitterte Johnson.
In London hatte die Polizei am Samstag nach einer weitgehend friedlichen Demonstration mit tausenden Teilnehmern 29 Menschen festgenommen. Zuvor war es zu Zusammenstößen mit Polizisten im Regierungsviertel gekommen.
Posts aus derselben Kategorie:
- Video: Zusammenstöße zwischen Rechtsextremen und Sicherheitskräften in London
- Proteste in Berlin : Demonstranten stürmen durch Absperrung auf Reichstags-Treppe
- Prozess zum Tod von George Floyd soll im März beginnen
- Auch New York verhängt wegen Protesten nächtliche Ausgangssperre
- Weltweit gehen Zehntausende gegen Rassismus und Polizeigewalt auf die Straßen