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Perser-Teppich aus Sachsen Wie die DDR den großen Reibach mit Orientteppichen machte, die sie in den Orient verkaufte
![VEB Halbmondteppich VEB Halbmondteppich](https://www.deutschlandmagazine.com/wp-content/uploads/2020/10/perser-teppich-aus-sachsen-wie-die-ddr-den-grossen-reibach-mit-orientteppichen-machte-die-sie-in-den-orient-verkaufte-1.jpg)
Blick in die Fabrik in Oelsnitz, 1986: Ein Facharbeiter arbeitet an einer Teppichwebmaschine.
© Wolfgang Thieme/ / Picture Alliance
Im Vogtland wurden zu DDR-Zeiten massenweise Perser-Teppiche hergestellt. Die billigen Imitate waren beliebt – vor allem im Nahen und Mittleren Osten.
Um die Wirtschaft im eigenen Land am Laufen zu halten, trieb die DDR eifrig Außenhandel. Devisen mussten her. Und ein Mittel an Geld zu kommen, waren Orientteppiche aus dem Vogtland. Jahrzehntelang verhökerte die DDR ihre Imitate vom Orientteppich in den Orient – und fand eifrige Abnehmer.
1964 reist eine Delegation von Handelsvertretern in den Nahen Osten. Innerhalb von drei Wochen sollten Beirut, Damaskus, Amman, Jerusalem, Kuwait, Basra und Bagdad besucht und die Vertriebszweige ausgebaut werden. Das gelingt. In Jerusalem trifft die Gruppe einen Händler, der sich das Alleinverkaufsrecht des sogenannten „Täbris Super“ sichert. Der galt als Exporthit unter den Teppichen Und auch die Kuwaiter bestellen in großem Umfang nach.
Die DDR-Perser waren günstig und qualitativ gut genug, um mit den Originalen mitzuhalten. Die Kunden drückten bei der Herkunft ein Auge zu. So kam es, dass immer mehr Länder im Nahen und Mittleren Osten zu Fans der DDR-Teppiche wurden. Die Verkaufszahlen stiegen stetig von 64.000 Quadratmetern Teppich im Jahr 1959 auf bereits 106.000 Quadratmeter im Jahr 1963.
Teppiche mit Tradition
Das Geschäft mit den Orientteppichen ist keine Erfindung der DDR. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts erlebte das Textilgewerbe durch die Industrialisierung gehörig Aufwind. Vor allem im Vogtland florierte das Geschäft. Orientteppiche waren zum ausgehenden 19. Jahrhundert beliebt.
Warum aber sollten die Teppiche aus dem Ausland geholt werden, wenn sie kopiert werden konnten? Carl Weber Koch und Fritz te Kock gründeten in diesen Jahren die erste Teppichfabrik und machten sich mit der Marke „Halbmond“ einen Namen. Sie wollten mit Imitaten auf den Markt, die für jedermann erschwinglich sind. Das Potenzial blieb nicht lange unentdeckt.
1921 schlossen sich mehrere Firmen zu Tefzet zusammen, um mit ihrer Variante, dem Tefzet-Orient, den Halbmond-Teppichen Konkurrenz zu machen. Ende der 20er-Jahre hatte es Tefzet geschafft. Die Teppiche galten weltweit als Alternative zum Original aus dem Orient. In der DDR werden die Vogtländer Firmen dann verstaatlicht und zum VEB Halbmond-Teppiche verschmolzen.
Vom Osten in den Nahen Osten
Bereits in den 50er-Jahren machten sich die Vogtländer in die Mutterländer des Perser-Teppichs auf, um dort die Kopien anzupreisen – und hatten Erfolg. Bis Mitte der 60er-Jahre konnten sie ein Netz aus Geschäftspartnern spinnen, das von Damaskus bis Kuwait reichte.
In Sachen Außenhandel war die DDR gewitzt und bewegte sich mit ihren kreativen Geschäften nicht selten am Rande der Legalität. Weil es mit der Planwirtschaft vor allem in der zweiten Hälfte der DDR-Geschichte immer schlechter lief, musste der Handel Geld in die Kassen spülen. Ende der 70er-Jahre kamen 50 Prozent des Landeseinkommens aus Außenhandel. Gleichzeitig konnte die DDR mit ihren Produkten in diesen Jahren immer schlechter auf dem Weltmarkt mithalten.
Das Land produzierte daher fast ausschließlich für den Export, die Produkte wurden zu Niedrigstpreisen verscherbelt. Die Staatskassen leerten sich zunehmend, Kredite waren nirgendwo zu bekommen. Ein von Franz Josef Strauß vermittelter Milliardenkredit sorgt 1983 für ein Aufatmen und rettete das Land vor dem Staatsbankrott – vorerst. 1988 aber spitzte sich die wirtschaftliche Lage zu, auch mit dem Außenhandel war kaum noch etwas zu holen und die Wiedervereinigung lässt den Handel gänzlich zusammenbrechen.
Die Halbmond-Teppichwerke haben die Wende überlebt. Das Unternehmen gehört zu den wenigen, die auch nach der Wiedervereinigung mit der Produktion fortfahren konnten, allerdings stark geschrumpft. 1930 arbeiteten dort 2500 Mitarbeiter, heute sind es nur noch 220.
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