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Der „Tatort“ aus Zürich Ist die DNA von Zwillingen nicht identisch?
Das perfekte Verbrechen dank Zwillings-Alibi? Im Schweizer „Tatort“ überführt die forensische Genetik einen Zwillingsmord. Realistisch?
Ohne die forensische Genetik hätten die beiden Züricher Ermittlerinnen Isabella Grandjean (Anna Pieri Zuercher, 45) und Tessa Ott (Carol Schuler, 37) ihren achten „Tatort„-Fall „Von Affen und Menschen“ wohl nie gelöst. Ein Zwilling bringt die eineiige Schwester um und übernimmt im Anschluss deren Identität. Eigentlich ein genialer Schachzug, wäre da nicht die Wissenschaft. Wie im Film erklärt wurde, kann die DNA von Zwillingen unterschieden und die Mörderin somit überführt werden. Ein Alibi ist so nicht mehr haltbar. Doch stimmt das überhaupt oder war das nur ein Winkelzug des Drehbuchs? Wie ist das in der Realität?
Zwillinge faszinieren Menschen schon seit Jahrhunderten, nicht nur wegen ihrer oft verblüffenden Ähnlichkeit, sondern auch aufgrund der biologischen und genetischen Fragen, die sie aufwerfen. Haben eineiige Zwillinge zum Beispiel eine identische DNA? Selbst wenn: Können moderne forensische Technologien diese mittlerweile sogar unterscheiden? Sind Zwillings-Alibis bis heute ein Problem für die Strafverfolgungsbehörden oder können moderne Forensiker – wie im Film dargestellt – ihnen heutzutage bei solchen Fällen helfen?
Der Reihe nach: Eineiige Zwillinge entstehen, wenn ein einzelnes befruchtetes Ei (Zygote) sich früh in der Entwicklung in zwei separate Embryos teilt. Diese Zwillinge teilen sich zunächst immer dieselbe DNA, da sie aus derselben Zygote stammen. Sie sind immer des gleichen Geschlechts und sehen sich in aller Regel extrem ähnlich, was eben auf ihre identischen genetischen Codes zurückzuführen ist.
Forensische DNA-Analyse und Zwillinge
Eine Standard-DNA-Analyse, die in kriminaltechnischen Labors mittlerweile seit Jahrzehnten verwendet wird, ist sehr effektiv bei der Identifizierung von Personen, da sie auf der Analyse von DNA-Abschnitten beruht, die bei den meisten Menschen variieren. Diese Abschnitte, bekannt als Short Tandem Repeats (STRs), bieten ein einzigartiges genetisches Profil einer Person, mit Ausnahme eben von eineiigen Zwillingen. Auch bei eineiigen Zwillingen sind die STRs zunächst einmal identisch. In der Vergangenheit mussten bereits zahlreiche Verfahren eingestellt werden, da sich nicht zweifelsfrei beweisen ließ, von welchem Zwilling die gefundene DNA nun schlussendlich stammt.
Aus diesem Grund muss bei eineiigen Zwillingen genauer hingesehen werden als bei anderen Tatverdächtigen. Wie bereits erwähnt, ist zunächst die DNA identisch, eine Standard-STR-Analyse kann zwischen ihnen nicht differenzieren. Das stellt eine besondere Herausforderung für die forensische Wissenschaft dar, insbesondere in Kriminalfällen, in denen DNA-Beweise eine Rolle spielen und eineiige Zwillinge als Tatverdächtige oder bei der Opferidentifizierung infrage kommen.
Neuere Technologien zur Unterscheidung
Mit fortschreitender wissenschaftlicher Forschung und technologischer Entwicklung ist es Forscherinnen und Forschern mittlerweile jedoch gelungen, komplizierte Methoden zu entwickeln, die auch bei eineiigen Zwillingen Unterscheidungen ermöglichen. Diese kommen regelmäßig seit ungefähr zehn Jahren zum Einsatz und schließen Zwillings-Alibis oftmals aus. Eine dieser modernen Methoden ist die Untersuchung von epigenetischen Mustern.
Die Epigenetik befasst sich mit Veränderungen in der Genfunktion, die vererbt werden können, ohne die DNA-Sequenz zu verändern. Diese Veränderungen können durch Umwelteinflüsse oder den Lebensstil beeinflusst werden und variieren auch zwischen eineiigen Zwillingen, was eine mögliche Basis für ihre Unterscheidung bietet. Hierzu analysierten erstmals britische Wissenschaftler die Methylierung der DNA, also chemische Anlagerungen an der DNA-Doppelhelix. Mittlerweile ist diese Methodik ein gängiges Verfahren von forensischen Genetikern.
Eine andere potenzielle Methode ist die Analyse von Mutationen, die nach der Teilung der ursprünglichen Zygote in eineiigen Zwillingen auftreten können. Obwohl diese Mutationen sehr klein sind und selten vorkommen, können sie genutzt werden, um Zwillinge auf der DNA-Ebene zu unterscheiden – und schlussendlich zu überführen. Dieses Verfahren hat jedoch im Gegensatz zur Suche nach Umwelteinflüssen einen entscheidenden Nachteil: Es ist extrem zeitaufwändig und teuer.
Der „Tatort: Von Affen und Menschen“ spiegelt somit durchaus die Realität wider. Zwar sind DNA-Analyseverfahren bei eineiigen Zwillingen komplizierter als bei anderen Menschen, jedoch gibt es mittlerweile Möglichkeiten, diese zu unterscheiden. Mit den traditionellen Methoden der DNA-Analyse, die seit den 1980er-Jahren standardmäßig Anwendung finden, ist eine Überführung jedoch unmöglich.
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