Einzug in Mainzer Landtag: Neue bürgerliche Kraft im Bund? Wie die Freien Wähler CDU/CSU das Leben schwer machen

Einzug in Mainzer Landtag Neue bürgerliche Kraft im Bund? Wie die Freien Wähler CDU/CSU das Leben schwer machen

Wahlplakat Freie Wähler mit Joachim Streit

Spitzenkandidat Joachim Streit führte die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz in den dritten Landtag.

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Die Erfolge der Freien Wähler lassen aufhorchen. In Bayern sind sie schon Teil der Regierung, in Rheinland-Pfalz ziehen sie nun erstmals in den Landtag ein. Stück für Stück entwickelt sich offenbar eine weitere bürgerliche Kraft im Bund.

In Bayern sind sie bereits in der Rolle des Königsmachers. CSU-Chef Markus Söder, von nicht wenigen als möglicher Kanzlerkandidat der Union gehandelt, regiert dort dank einer Koalition mit den Freien Wählern. Spätestens seit diesem Wahlsonntag sind sie kein rein bayerisches Phänomen mehr. Schon die 3,0 Prozent, die sie in Baden-Württemberg erreichten, sind respektabel. In Rheinland-Pfalz jedoch ziehen die Freien Wähler erstmals in den Landtag. Es scheint als etabliere sich da eine weitere bürgerliche Kraft, die CDU/CSU bundesweit Wähler abspenstig macht.

Freie-Wähler-Bundeschef Hubert Aiwanger, als Söders Wirtschaftsminister auch stellvertretender Ministerpräsident Bayerns, hofft nach dem Erfolg in Rheinland-Pfalz jedenfalls auch auf den bundesweiten Durchbruch. „Das ist eine ganz starke Leistung. Die Menschen sehen die Freien Wähler mehr und mehr als neue bodenständige, bürgerliche Partei in ganz Deutschland“, kommentierte Aiwanger am Sonntagabend das Mainzer Ergebnis. Es ist bereits das dritte Landesparlament, in dem die Freien Wähler vertreten sind. Damit wären sie nach Bayern und Brandenburg bereits im dritten Landesparlament vertreten. Allerdings haben sie ihren Platz in Sachsen-Anhalt lediglich durch den Beitritt eines bereits gewählten Landtagsabgeordneten. Aber: Vertreten sind die Freien Wähler auch im Europaparlament und die BVB/Freie Wähler im Brandenburger Landtag kooperieren mit der Partei.

Freie Wähler arbeiten am bundesweiten Durchbruch

Stück für Stück weitet die einstige „Kleinpartei“ ihren Einfluss aus. Das Ziel sei ein bundesweiter Durchbruch der Freien Wähler, sagt Aiwanger unumwunden – gerade in der Zeit, in der „große ehemalige Volksparteien“ mehr und mehr enttäuschten und mit Skandalen Schlagzeilen machten. „Wir wollen die neue liberal-konservative Kraft auch auf Bundesebene werden“, sagt Aiwanger. „Bürgerliche Koalitionen müssen wieder möglich werden.“ Deutschland müsse wieder vernünftig regiert werden anstatt immer mehr unter die ideologischen Räder zu kommen.

Als Neulinge im Mainzer Landtag sehen sich die Freien Wähler allerdings zunächst in der Opposition. Doch die kommenden fünf Jahre müssten genutzt werden, sich weiter zu entwickeln, so der rheinland-pfälzische Spitzenkandidat Joachim Streit, der eine sechsköpfige Fraktion leiten wird. Die FDP – bisher immerhin Regierungspartei – hat auch nicht mehr Abgeordnete im neuen Landtag. „Eine tolle Sache“ für alle Freien Wähler in Deutschland sei das, findet Streit.

CDU-Generalsekretär​​​​​​ Paul Ziemiak nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz

Aus den Kommunen in den Bund

Die Bundesvereinigung Freie Wähler entstand erst 2010 – ausgegründet aus dem Bundesverband der Freien Wähler, einem Dachverband kommunaler Wählergruppen. Auch die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz haben auf kommunaler Ebene begonnen. In den Gemeinden, Städten und Kreisen des Landes sind sie tief verwurzelt. Im pfälzischen Neustadt an der Weinstraße etwa ist Oberbürgermeister Marc Weigel Parteimitglied. Bei den Kommunalwahlen 2019 errangen Mitglieder der kommunalen Freien Wählergemeinschaften nach eigenen Angaben 7317 Mandate.

Gut möglich, dass die diversen Bereicherungsaffären von CDU-Politikern kurz vor der Wahl den Erfolg der Freien Wähler in Rheinland-Pfalz und auch das gute Ergebnis in Baden-Württemberg begünstigt haben. Für Bundeschef Aiwanger wäre das nur logisch, wollen die FW doch gerade aus solchen Gründen eine Alternative zu den „ehemaligen Volksparteien“ sein. Die Union wird die FW-Erfolge mit Argwohn verfolgen. Als „ehemalige Volkspartei“ hat sie längst keine Stimmen mehr zu verschenken.

dho DPA

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