Karneval: Hunderttausende bei ersten Rosenmontagszügen nach Corona

Karneval Hunderttausende bei ersten Rosenmontagszügen nach Corona

Ein Karnevalist wirft Süßigkeiten ins Publikum. Foto: Oliver Berg/dpa

Ein Karnevalist wirft Süßigkeiten ins Publikum. Foto

© Oliver Berg/dpa

Zwei Jahre mussten die Narren wegen Corona auf ihren höchsten Feiertag verzichten, aber nun hatte das Warten ein Ende: Die Rosenmontagszüge feierten ein Comeback im Sonnenschein.

Erstmals seit drei Jahren sind zum Höhepunkt des Straßenkarnevals wieder die Rosenmontagszüge durch die närrischen Hochburgen gerollt. 2021 und 2022 waren die Züge wegen Corona ausgefallen, doch jetzt fand der höchste Feiertag der Karnevalisten wieder wie gewohnt statt. Bei überwiegend sonnigem Wetter feierten Hunderttausende auf den Straßen.

Das Comitee Düsseldorfer Carneval schätzte die Besucherzahl auf etwa 600.000. Eine Sprecherin des Festkomitees Kölner Karneval sagte dagegen, es sei unmöglich, die Zuschauerzahl seriös zu schätzen. Es herrsche aber „sehr, sehr großer Andrang“ – noch mehr als in den Jahren vor Corona.

„Ich bin der Meinung, dass man in schlechten Zeiten gerade gute subversive Satire braucht“, sagte der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly. Dementsprechend übten die Karnevalisten insbesondere an Wladimir Putin ätzende Kritik: Im Kölner Rosenmontagszug küsste er den Teufel und drehte als Vampir die Welt durch den Fleischwolf. In Düsseldorf nahm der russische Präsident in einer Wanne in den ukrainischen Farben Blau und Gelb ein Blutbad.

Ein zaudernder Bundeskanzler Olaf Scholz wurde im Düsseldorfer Zug von einem Ziegenbock auf die Hörner genommen und nach vorn gestoßen – beschriftet war das Tier mit „Strack-Zimmermann“, dem Namen der energischen Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses. Wirtschaftsminister Robert Habeck musste unterdessen eine Kröte nach der anderen schlucken: Atomkraft, Aufrüstung, Gas aus Diktaturen … In Köln machte „Habück“ auf der Suche nach neuen Energielieferanten einen tiefen Diener vor einem überdimensionalen Scheich.

Ein weiterer Düsseldorfer Wagen zeigte eine triumphierende, Union-Jack-Flaggen-schwenkende „Miss Brexit ’23“, die aber bis auf die Knochen abgemagert war – eine Anspielung auf die wirtschaftlichen Einbußen Großbritanniens nach dem EU-Austritt. Auch die katholische Kirche – ein erklärtes Lieblingsthema von Tilly – war wieder vertreten: Der Missbrauchsskandal in Gestalt eines Teufels wollte den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mit sich wegziehen, doch der klammerte sich mit aller Kraft am Kölner Dom fest, wodurch er das Kirchengebäude zum Einsturz brachte.

Den Mittelpunkt des Wagens „Free Iran“ bildete der Kopf einer jungen Frau, in deren wehendem Haar sich ein „Mullarsch“ verfängt. „Was diese Frauen für ihre Freiheit auf sich nehmen, das ist der Wahnsinn“, sagte Tilly der Deutschen Presse-Agentur. „Ich habe wirklich höchsten Respekt vor ihrem Mut.“

In Köln war auch Ex-US-Präsident Donald Trump wieder mit von der Partei: Mit Schnorchel und Taucherbrille entstieg er einem goldenen Klo, in der Hand ein Fähnchen mit der Aufschrift „Trump 2024“ – dann will er als Kandidat der Republikaner erneut ins Rennen um das höchste Amt gehen. Unternehmer Elon Musk erschien als Bond-Bösewicht mit goldenem Colt in der Hand und weißer Katze auf dem Schoß.

Der Kölner Rosenmontagszug, der dieses Jahr sein 200-jähriges Bestehen feierte, startete erstmals im rechtsrheinischen Deutz und fuhr dann über den Rhein in die linksrheinische Innenstadt. Für TV-Moderator Johannes B. Kerner erfüllte sich ein „kleiner Lebenstraum“, weil er in Köln zum allerersten Mal auf einem der Wagen mitfahren durfte. Der gebürtige Rheinländer versprach, mit Kamelle nicht zu geizen – als Kind habe ihn immer gestört, „dass die viel zu wenig geschmissen“ hätten.

Die Stadt Düsseldorf zog am Abend ein zufriedenes Fazit. Das Ordnungsamt habe das Glasverbot erfolgreich durchgesetzt und vereinzelt Minderjährige mit Alkohol und Zigaretten erwischt. 136 Wildpinkler müssen in den nächsten Tag mit Post von der Stadt rechnen und 150 Euro Bußgeld zahlen. Der Rettungsdienst hatte 188 Einsätze – der für Großveranstaltungen übliche Rahmen, wie die Stadt betonte.

In Köln war bei einem Streit am Rande des Rosenmontagszuges ein 30-Jähriger leicht am Hals verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden. Laut Mitteilung der Polizei wurde der kostümierte Kölner von einem bislang unbekannten Tatverdächtigen vermutlich mit einem Messer angegriffen. Nach der Tat flüchtete der Unbekannte. Die Polizei wertet derzeit noch die Videoüberwachung im Bereich der Domtreppe aus und sucht nach weiteren Zeugen.

dpa

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