„Kostenschub als Vorwand“: Profiteure der Inflation: Diese Branchen pimpen durch höhere Preise ihre Gewinne

„Kostenschub als Vorwand“ Profiteure der Inflation: Diese Branchen pimpen durch höhere Preise ihre Gewinne

Unter anderem der Handel hat seine Gewinne laut Studie gesteigert

Unter anderem der Handel hat seine Gewinne laut Studie gesteigert

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Wenn höhere Kosten nur ein Vorwand sind: Viele Unternehmen erhöhen die Preise derzeit stärker, als sie müssten, sagt eine Studie. Das gelte vor allem für drei Branchen. Die Inflation feuern sie damit weiter an.

Liebe Kunden, leider müssen wir unsere Preise erhöhen, denn auch für uns selbst wird alles teurer.“ Sprüchlein dieser Art hören Verbraucher derzeit viele. Um Verständnis für Preiserhöhungen zu erzeugen, verweisen Unternehmen aktuell häufig auf gestiegene Energiekosten, teurere Rohstoffe, Mehrkosten beim Transport und ähnliches. Die Nachricht: Wir können ja auch nichts dafür.

So ganz stimmt das aber in vielen Fällen gar nicht, sagt nun eine Studie des ifo-Instituts. Berechnungen des Ökonomen Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der ifo-Niederlassung in Dresden, haben ergeben, dass höhere Beschaffungspreise der Unternehmen „nicht der alleinige Grund für die gestiegene Inflation“, sprich höhere Verbraucherpreise, sind. „Vielmehr scheinen einige Unternehmen den Kostenschub auch als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine noch stärkere Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern“, schreibt Ragnitz in seinem Aufsatz „Gewinninflation und Inflationsgewinner“.

Mit anderen Worten: Einige Firmen nutzen den derzeitigen allgemeinen Teuerungstrend aus, um in dessen Windschatten die Preise stärker zu erhöhen als sie müssten – und steigern so die eigenen Profite. So zeigten amtliche Daten für das erste Halbjahr 2022, dass die Gesamtwirtschaft ihre Gewinne trotz Krise gegenüber dem Vorjahr sogar leicht erhöhen konnte, so Ragnitz. 

Inflationsgewinner: Landwirtschaft, Bau, Handel

Wer aber sind die Inflationsgewinner? Um dies herauszufinden, hat der Ökonom die Entwicklung der nominalen und der preisbereinigten Wertschöpfung nach Branchen verglichen. Aus der Differenz zieht er Rückschlüsse auf Preiserhöhungen, die nicht durch höhere Kosten begründet sind. Drei große Branchen sind ihm dabei besonders ins Auge gesprungen: „Insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Fischerei sowie im Baugewerbe und im Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr haben die Unternehmen ihre Preise deutlich stärker erhöht, als es aufgrund der gestiegenen Vorleistungspreise allein zu erwarten gewesen wäre.“

Für die Landwirtschaft hält Ragnitz fest, dass sich viele Güter infolge des Ukraine-Kriegs weltweit verknappt hätten, sodass die Weltmarktpreise in die Höhe schossen. Ein Teil der Preiserhöhungen begründet sich aber wohl auch damit, dass die Unternehmen steigende Preise für Vorleistungen wie Dünge- und Futtermittel schon eingerechnet haben.

Bei Bau und Handel spielen laut Analyse hingegen weniger die Weltmarktpreise als vielmehr nationale Gegebenheiten eine Rolle, sodass Unternehmen „die Gunst der Stunde“ für erhebliche Preiserhöhungen nutzen konnten. Den Baufirmen kam zupass, dass ihre Dienste so stark nachgefragt waren, dass es für Bauherren schwer war, überhaupt zeitnah benötigte Anbieter zu finden. Der Handel wiederum habe davon profitiert, dass viele private Haushalte nach dem Ende der Corona-Einschränkungen umso mehr konsumiert hätten. 

Ökonom sieht „Gewinninflation“

Neben höheren Kosten für Vorleistungen können auch Lohnerhöhungen zu Preissteigerungen führen. Die Löhne seien im betrachteten Zeitraum aber nicht stark genug gestiegen, um die Preiserhöhungen komplett zu erklären, so Ragnitz. „Das bedeutet allerdings, dass die Unternehmen offenkundig die Inflation auch dafür verwendet haben, ihre Gewinne deutlich auszuweiten.“

Dazu kommt: Die Inflationsgewinner unter den Unternehmen haben die höhere Inflation nicht nur ausgenutzt, sondern sie treiben sie durch ihre Preiserhöhungen zusätzlich weiter an. „Somit hat Deutschland derzeit nicht nur eine Kosteninflation, sondern ganz offensichtlich auch eine ‚Gewinninflation‘‘, hält Ragnitz fest.

Staatliche Eingriffe in die Preise hält der Ökonom dennoch für das falsche Mittel, sofern es nicht um illegale Preisabsprachen geht, die vom Kartellrecht geahndet werden. Auch von der Einführung einer Übergewinnsteuer erwartet er mehr Schaden als Nutzen, weil sie den Markt verzerre und nicht rechtskonform umzusetzen sei. Gegen überzogene Preiserhöhungen helfe vor allem eines: mehr Wettbewerb, sodass der Verbraucher zum günstigeren Angebot greifen kann.

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