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EU beschließt formell sechstes Sanktionspaket gegen Russland +++ Zivilisten flüchten sich in Bunker unter Chemiefabrik +++ Die Entwicklungen im Ukraine-Krieg im stern-Ticker.
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Tag 100 der russischen Invasion in der Ukraine: Die ukrainischen Truppen wehren sich weiter gegen den Verlust der Großstadt Sjewjerodonezk im Osten, in der russische Truppen mit ihrer überlegenen Feuerkraft vorrücken. Die Stadt solle möglichst nicht aufgegeben werden, sagte Vize-Generalstabschef Olexij Hromow in Kiew. Präsident Wolodymyr Selenskyj zog bei mehreren Auftritten eine Art Bilanz des Krieges seit dem 24. Februar. Bei den Kämpfen im Osten würden täglich bis zu 100 ukrainische Soldaten getötet, sagte er in einer Videoschalte bei einer Sicherheitskonferenz in der slowakischen Hauptstadt Bratislava.
17.08 Uhr: Lindner plant Reise nach Kiew
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereitet eine Reise nach Kiew vor. „Ich habe eine Einladung erhalten – und die werde ich annehmen“, sagte er im TV-Sender Welt. „Mein ukrainischer Finanzminister-Kollege hat bei einem Gespräch jetzt diese Tage gesagt, es wäre für sie eine Hilfe, wenn ich als Finanzminister und gegenwärtiger G7-Vorsitzender der Finanzminister bei einer Gelegenheit in Kiew sei. Und deshalb gehen wir das jetzt an.“
Anfang Mai hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Kiew besucht; es war die erste Reise eines Mitglieds des Bundeskabinetts in die ukrainische Hauptstadt seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar.
FS Welt zu Besuch in Ukraine, 19.30
16.31 Uhr: Mariupol: Vertriebener Bürgermeister beklagt Geiselnahme von Bürgern
Nach der russischen Einnahme der Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine wirft der vertriebene Bürgermeister Wadym Boitschenko der Führung in Moskau eine Geiselnahme der dort verbliebenen Menschen vor. Es seien noch etwa 100.000 Einwohner in Mariupol. „Sie werden dort festgehalten von den russischen Truppen und praktisch als menschliche Schutzschilde benutzt“, sagt Boitschenko in Kiew. Die Einwohner könnten nicht auf von der Ukraine kontrolliertes Gebiet fliehen. Vielmehr wollten die Russen die Zivilisten in der Stadt behalten, um der Ukraine eine Befreiungsoffensive zu erschweren.
Boitschenko wirft den „Raschisten“, wie er die russischen Besatzer nennt, vor, sich der Methoden des Nazi-Diktators Adolf Hitler zu bedienen. Es seien Hunderte Kriegsverbrechen erfasst worden. Seit Mitte April sei die Stadt geschlossen. Für die vor der russischen Einnahme geflohenen Menschen sollten mehrere Hilfszentren im Land eingerichtet werden.
15.53 Uhr: Neue EU-Sanktionen gegen Russland in Kraft
Das sechste EU-Sanktionspaket samt weitreichendem Öl-Embargo gegen Russland ist in Kraft. Die Rechtstexte sind am Nachmittag im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Das Paket umfasst neben dem wirtschaftlich besonders relevanten Öl-Boykott unter anderem den Ausschluss der größten russischen Bank, der Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift sowie das Verbot mehrerer russischer Nachrichtensender in der EU. Zudem landen Dutzende Personen und Organisation wegen Unterstützung des russischen Kriegs gegen die Ukraine auf der Sanktionsliste.
14.38 Uhr: Europäische Staaten behandeln 500 Patienten aus der Ukraine
Rund 500 ukrainische Patienten sind bislang für dringende Behandlungen über das EU-Katastrophenschutzverfahren in europäische Krankenhäuser verlegt worden. Zu den wichtigsten Aufnahmeländer zählen neben Deutschland auch Belgien, Frankreich, Irland, Italien, die Niederlande, Norwegen und Spanien, wie die EU-Kommission mitteilt. Da die Krankenhäuser in der Ukraine und den Nachbarländern wegen des russischen Kriegs zunehmend unter Druck stünden, müssten bestimmte Behandlungen organisiert werden, etwa für Patienten mit chronischen Krankheiten oder im Krieg Verletzte, erklärt der für Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic.
14.04 Uhr: Moskau sieht nach 100 Tagen „bestimmte Ziele“ in Ukraine als „erreicht“ an
Hundert Tage nach Beginn der russischen Offensive in der Ukraine sieht der Kreml „bestimmte“ Ziele als erreicht an. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat vor Journalisten gesagt, „zahlreiche Orte“ seien durch Russland von „bewaffneten, pro-nazistischen ukrainischen Kräften“ und „nationalistischen Elementen“ „befreit“ worden. Dies habe der Bevölkerung eine Rückkehr zu einem „Leben in Frieden“ ermöglicht. Peskow ergänzt: „Diese Anstrengung wird weitergehen, bis alle Ziele der militärischen Spezialoperation erfüllt sind.“
13.57 Uhr: UN-Menschenrechtsexperten ermitteln ab nächster Woche in der Ukraine
Eine Kommission der Vereinten Nationen wird nächste Woche Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der Ukraine aufnehmen. Die Menschenrechtsexperten werden vom 7. bis zum 16. Juni unter anderem Lwiw, Kiew, Charkiw und Sumy besuchen, um Überlebende, Zeugen und Vertriebene zu treffen, wie die Vereinten Nationen in Genf ankündigen.
Der Norweger Erik Møse, ein ehemaliger Präsident des Völkermord-Tribunals für Ruanda, leitet die Untersuchung im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates in Genf. Die Ermittler sollen Beweise für Menschenrechtsverstöße und Kriegsverbrechen für die zukünftige Strafverfolgung der Täter sammeln.
13.29 Uhr: Zollfreiheit für ukrainische Exporte tritt in Kraft
Zölle auf ukrainische Exporte in die EU werden von Samstag an für ein Jahr ausgesetzt. Die Maßnahme sei am Freitag im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und trete einen Tag später in Kraft, sagt eine Sprecherin der EU-Kommission. Damit solle die vom Krieg geschwächte ukrainische Wirtschaft gestärkt werden. Die Kommission hatte die Maßnahme Ende April vorgeschlagen. EU-Parlament und Mitgliedstaaten stimmten innerhalb weniger Wochen zu. Nach Angaben des für Handel zuständigen EU-Kommissars Valdis Dombrovskis hat die EU nie zuvor derartige Maßnahmen zur Handelsliberalisierung ergriffen.
13.03 Uhr: Ukrainische Führung zeigt sich siegesgewiss am 100. Tag der russischen Invasion
Hundert Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich die ukrainische Führung siegessicher gezeigt: „Der Sieg wird unser sein“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj an einem auf der Internet-Plattform Instagram veröffentlichten Video. „Die Vertreter des Staates sind hier, verteidigen die Ukraine seit hundert Tagen“, sagte Selenskyj.
In dem 36-sekündigen Video sind Selensky sowie Ministerpräsident Denys Schmygal und der Präsidentenberater Mychailo Podoljak vor dem Gebäude der Präsidialverwaltung in Kiew zu sehen. Das Video erinnert an eine Botschaft, welche dieselben Regierungsmitglieder im Februar einen Tag nach Kriegsbeginn aufgenommen hatten, um die Bevölkerung zu beruhigen und zu zeigen, dass sie selbst im Land bleiben würden.
11.53 Uhr: UN-Beauftragter – Krieg in der Ukraine „wird keinen Gewinner haben“
Aus dem bereits 100 Tage währenden russischen Angriffskrieg in der Ukraine wird nach Einschätzung der Vereinten Nationen kein Land als Sieger hervorgehen. „Dieser Krieg hat und wird keinen Gewinner haben“, erklärt der UN-Koordinator für die Ukraine, Amin Awad, anlässlich des Einmarschs russischer Truppen in der Ukraine vor 100 Tagen.
„Stattdessen haben wir 100 Tage lang gesehen, was verloren ist: Leben, Häuser, Arbeitsplätze und Perspektiven.“ Der Krieg habe eine „inakzeptable Opferzahl“ und „praktisch alle Aspekte zivilen Lebens verschlungen“, erklärt Awad, der auch stellvertretender UN-Generalsekretär ist. „In etwas mehr als drei Monaten waren fast 14 Millionen Ukrainer gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen, die Mehrheit Frauen und Kinder.“
11.13 Uhr: Russisches Militär meldet Tötung von 360 ukrainischen Soldaten
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben in der Nacht weitere schwere Luft-, Raketen- und Artillerieangriffe gestartet. „Insgesamt sind durch Schläge der Luftwaffe mehr als 360 Nationalisten sowie 49 Waffensysteme und Militärfahrzeuge vernichtet worden, darunter eine Funkstation für die Luftraumüberwachung in Slowjansk in der Donezker Volksrepublik“, sagt der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Im Raum Slowjansk befindet sich das Hauptquartier der ukrainischen Streitkräfte im Donbass.
10.34 Uhr: Medien: Russland erhöht im Mai Ölförderung und -export wieder
Nach einem deutlichen Einbruch im April sind die Ölförderung in Russland und der Export im Mai einem Medienbericht zufolge wieder angestiegen. „Unter Einberechnung von Gaskondensat hat Russland im Mai 2022 die Ölförderung im Vergleich zum April um fünf Prozent auf 43,1 Millionen Tonnen gesteigert“, berichtet die Moskauer Wirtschaftszeitung „Wedomosti“. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das Ergebnis dennoch einen Rückgang von 2,5 Prozent.
10.22 Uhr: Sechstes EU-Sanktionspaket gegen Russland beschlossen
Die 27 EU-Staaten haben das sechste Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Das teilen die EU-Staaten mit. Das Sanktionspaket sieht unter anderem ein weitgehendes Öl-Embargo gegen Russland vor. Außerdem wird unter anderem die größte russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen und es werden mehrere russische Nachrichtensender in der EU verboten. Nach dem formellen Beschluss dürften die Sanktionen noch am Freitag im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Dann sind sie in Kraft.
9:12 Uhr: Ehemaliger Regierungschef Kassjanow aus Russland ausgereist
Der ehemalige russische Regierungschef Michail Kassjanow hat das Land verlassen. „Er ist derzeit im Ausland, ich kenne weder seinen Aufenthaltsort noch das Datum seiner Rückkehr“, sagt Konstantin Merslikin, ein Parteikollege Kassjanows, der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Über den Grund der Ausreise macht Merslikin ebenfalls keine Angaben. Im Zuge des Krieges gegen die Ukraine hatte die russische Führung in den vergangenen Wochen ihr Vorgehen gegen Oppositionelle und Kritiker verschärft.
9.02 Uhr: Scholz empfängt ukrainischen Parlamentspräsidenten im Kanzleramt
100 Tage nach Beginn des Ukraine-Kriegs hat Bundeskanzler Olaf Scholz den ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk in Berlin empfangen. Stefantschuk kommt in Militärkluft ins Kanzleramt, Scholz begrüßt ihn dort in Anzug und Krawatte.
Am Donnerstag hatte der Parlamentspräsident zum Auftakt seines Deutschlandsbesuch die Lieferung deutscher Leopard- und Marder-Panzer in die Ukraine für den Kampf gegen die russischen Angreifer gefordert. „Natürlich brauchen wir vor allem moderne Waffen. Wir können auch mit alten Waffen aus alten Beständen kämpfen und standhalten, aber die neueren Waffen sind effizienter“, sagte er nach einem Treffen mit Bundestagsabgeordneten laut offizieller Übersetzung. „Deshalb erwarten wir sowohl die Marder als auch die Leoparden.“
8.55 Uhr: London: Russland dürfte Luhansk-Region in wenigen Wochen einnehmen
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste kontrolliert Russland mittlerweile mehr als 90 Prozent der Luhansk-Region in der Ukraine. Es sei wahrscheinlich, dass Moskau dort in den kommenden zwei Wochen vollständig die Kontrolle übernehme, heißt es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Diese taktischen Fortschritte, die durch die Konzentration russischer Truppen in einer einzigen Region erreicht worden seien, hätten Moskau erhebliche Ressourcen gekostet, heißt es weiter. An allen anderen Fronten sei es den Russen nicht gelungen, Fortschritte zu machen. Dort seien sie stattdessen mittlerweile in der Defensive.
7.55 Uhr: Ukraine gibt Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk noch nicht verloren
Das ukrainische Militär hält nach eigenen Angaben weiter Stellungen in der schwer umkämpften Großstadt Sjewjerodonezk, dem Verwaltungszentrum der Region Luhansk im Osten der Ukraine. „Im Zentrum von Sjewjerodonezk halten die Kämpfe an“, teilt der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Der Feind beschieße die ukrainischen Stellungen in der Stadt, in den Vororten Boriwsk und Ustyniwka sowie in der Zwillingsstadt Lyssytschansk, die mit Sjewjerodonezk einen Ballungsraum bildet.
Zudem berichtete der Generalstab von Luftangriffen auf die Ortschaft Myrna Dolyna und erfolglosen Erstürmungsversuchen der städtischen Siedlungen Metjolkine und Bilohoriwka in unmittelbarer Nähe von Sjewjerodonezk. Auch der Versuch, durch Angriffe im Raum Bachmut den Ballungsraum weiter westlich von den Versorgungslinien abzuschneiden, ist nach Angaben aus Kiew bislang gescheitert.
7.47 Uhr: Ukrainische Behörden rufen am 100. Kriegstag zum Durchhalten auf
Mit Durchhalteparolen haben die ukrainischen Behörden den 100. Tag der russischen Invasion begonnen. „Heute kämpfen und halten wir jeden Meter der Region Luhansk“, sagt Regionalgouverneur Serhij Gajdaj am Freitagmorgen. In den vergangenen hundert Tagen hätten die russischen Angriffe in der Region 33 Krankenhäuser, 237 ländliche Gesundheitseinrichtungen, fast 70 Schulen und 50 Kindergärten zerstört.
Schwer umkämpft ist insbesondere die Industriestadt Sjewjerodonezk, die letzte Bastion der Ukrainer in der Region Luhansk. Nach Gajdajs Angaben vom Vortag kontrollieren die russischen Truppen 80 Prozent der Stadt. Ukrainische Soldaten halten sich demnach noch im Industriegebiet der Stadt verschanzt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in der Nacht, die Verteidiger hätten „im Kampf um Sjewjerodonezk einige Erfolge erzielt“. Es bleibe jedoch „derzeit das schwierigste Gebiet“.
7.44 Uhr: Ukrainischer Botschafter Melnyk dringt auf schnellere Waffenlieferungen
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat erneut eine zügige Lieferung der von Deutschland zugesagten Waffen angemahnt. Er sei zufrieden mit der jüngsten Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Waffen wie das Luftabwehrsystem Iris-T in die Ukraine zu schicken, sagt Melynk im ZDF-„Morgenmagazin“. „Aber wenn wir ehrlich sind, 100 Tage Krieg, bis heute wurde noch kein einziges schweres Gerät in die Ukraine geliefert aus Deutschland.“ Die ersten Waffen würden wahrscheinlich erst Ende Juni ankommen. „Sie sehen, wie brenzlig die Lage ist.“
Melnyk sagt weiter, das erste Ziel der Ukraine sei es, die von Russland seit 100 Tagen besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Ukraine sehe, mit welcher Übermacht Russland den Angriffskrieg führe, ein Fünftel des ukrainischen Territoriums sei besetzt. Es bleibe auch Ziel, die seit 2014 annektierte Krim zurückzuholen.
7.05 Uhr: Polnischer Ministerpräsident beklagt „Gleichgültigkeit“ gegenüber „Leid der Ukraine“
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat dem Rest Europas zum 100. Tag des russischen Angriffskriegs „Gleichgültigkeit“ gegenüber dem „Völkermord“ in der Ukraine vorgeworfen. Fast jeder Fernsehsender der Welt habe die Morde an ukrainischen Zivilisten gezeigt: „Dennoch ist das Leid der Ukraine wie von einer Mauer der Gleichgültigkeit umgeben“, schreibt Morawiecki in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Kritik übt Morawiecki auch an den Äußerungen des früheren US-Außenministers Henry Kissinger, der in Davos gesagt habe, die Ukraine solle Russland einen Teil ihres Territoriums abtreten und Europa möge eine Verständigung mit Russland suchen. Er habe dabei das Gefühl eines Déjà-vus gehabt. „Der große Realist der amerikanischen Politik wiederholte genau jene Thesen, welche die Polen in den Siebziger- und Achtzigerjahren zu hören bekommen hatten.“
4.55 Uhr: Schlacht um Großstadt Sjewjerodonezk dauert an
Trotz heftiger russischer Angriffe will sich die ukrainische Armee in dem Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk nicht geschlagen geben. „Die Lage ist schwierig, aber sie ist besser als gestern. Und sie ist unter Kontrolle“, sagt Vizegeneralstabschef Hromow. Zuvor hatten ukrainischen Behörden mitgeteilt, die Großstadt sei größtenteils unter Kontrolle russischer Truppen.
Es gebe sehr blutige Straßenkämpfe in der Stadt, sagt Hromow. Sjewjerodonezk gilt als letzte ukrainische Hochburg in der Region Luhansk. Prorussische Truppen und das russische Militär stehen dort nach eigenen Angaben kurz vor der Machtübernahme. Der ukrainische Verwaltungschef von Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtet aber ebenfalls von erfolgreichen Kommandoaktionen der Verteidiger in der Stadt. Präsidentenberater Olexij Arestowytsch spricht sogar davon, die ukrainische Armee habe die Russen in Sjewjerodonezk in eine Falle gelockt. Überprüfbar waren diese Angaben nicht.
4.55 Uhr: Präsident Selenskyjs Bilanz zum 100. Kriegstag
Die russischen Truppen sind laut des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seit Beginn der Invasions in 3620 Ortschaften der Ukraine einmarschiert, 1017 davon seien wieder befreit worden, sagt Selenskyj. „Weitere 2603 werden noch befreit werden.“ Zwölf Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer seien im Land auf der Flucht; fünf Millionen im Ausland. Russland habe über 30.000 Soldaten verloren, behauptet Selenskyj. Auch westliche Experten vermuten zwar schwere russische Verluste, halten die Kiewer Zahlen aber für zu hoch.
„Unser Widerstand ist nach all den Monaten ungebrochen. Der Feind hat seine selbstgesteckten Ziele nicht erreicht“, sagt die Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar. „Wir sind bereit für einen Langzeitkrieg.“ Sie lobt, dass die „Dynamik der Waffenlieferungen“ aus dem Westen an Fahrt aufnehme. Aus Sicherheitsgründen machte sie keine Angaben zum Zeitpunkt und Ort der Lieferungen. Die Ukraine will mit den schweren Waffen unter anderem aus den USA und aus Deutschland den Vormarsch der russischen Truppen aufhalten und besetzte Städte befreien.
4.55 Uhr: Nato-Generalsekretär Stoltenberg: „Krieg ist zu Zermürbungskrieg geworden“
Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat die westlichen Staaten aufgerufen, sich auf einen anhaltenden Konflikt einzustellen. „Kriege sind von Natur aus unberechenbar“, sagt Stoltenberg nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden und dessen Nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington. „Deshalb müssen wir uns einfach auf eine lange Strecke einstellen.“ Der Konflikt sei zu einem Zermürbungskrieg geworden, in dem beide Seiten einen hohen Preis auf dem Schlachtfeld zahlten. Die meisten Kriege endeten am Verhandlungstisch. Das werde vermutlich auch in diesem Fall passieren, sagt Stoltenberg. Aufgabe der Nato-Verbündeten sei es, die Ukraine zu unterstützen, um den bestmöglichen Ausgang für das Land zu erreichen.
4.01 Uhr: Bundestag stimmt über Sondervermögen für die Bundeswehr ab
Der Bundestag entscheidet heute ab 14 Uhr über das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Bundeswehr. Dafür ist eine Grundgesetzänderung nötig, die mit Zweidrittelmehrheit im Parlament beschlossen werden muss. Die Ampel-Koalition ist deshalb auf Stimmen der Union angewiesen. Nach dem Bundestagsbeschluss wird am Freitag kommender Woche auch der Bundesrat über die Grundgesetzänderung abstimmen.
1.03 Uhr: Ukrainischer Parlamentspräsident: Deutsche Waffen zügig liefern
Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk dringt erneut auf eine rasche Lieferung der von Deutschland zugesagten Waffen zur Abwehr des russischen Angriffs. „Jetzt geht es auch darum, dass die Entscheidungen schnell umgesetzt werden“, sagt Stefantschuk den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Waffen müssen zügig geliefert werden.“
Stefantschuk ist derzeit zu Besuch in Berlin. Dabei forderte er unter anderem die Lieferung deutscher Leopard- und Marder-Panzer in die Ukraine sowie Tempo bei Waffenlieferungen. Heute will er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen. „Ich möchte Bundeskanzler Olaf Scholz nach Kiew einladen, um eine Rede vor dem ukrainischen Parlament zu halten“, sagt Stefantschuk.
0.44 Uhr: Baerbock sagt Ukraine lange Unterstützung für Leben in Freiheit zu
100 Tage nach Kriegsbeginn hat Außenministerin Annalena Baerbock der Ukraine Solidarität zugesichert und Unterstützung auch mit weiteren Waffen zugesagt. In einem Gastbeitrag für „Bild“ schreibt die Grünen-Politikerin: „Wir werden der Ukraine weiter beistehen. So lange, bis es keine weiteren Butschas mehr gibt. Damit auch für die Menschen in der Ukraine das wieder normal ist, was für uns eine solche Selbstverständlichkeit ist: Ein Leben in Freiheit.“
Baerbock schreibt, zur Unterstützung zählten auch weitere Waffenlieferungen: „Putin setzt auf Ausdauer – und auf Erschöpfung bei uns“. Jedem Dorf drohe das Schicksal von Butscha. „Deswegen müssen wir gerade jetzt der Ukraine weiter beistehen. Auch mit Waffen, weil Putin mit Worten nicht zu stoppen ist.“
0:02 Uhr: Selenskyj dankt für ausländische Waffenlieferungen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den USA und anderen Verbündeten für die jüngsten Zusagen zur Lieferung moderner Waffen gedankt. In seiner Videoansprache erwähnt er vor allem die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars aus den USA. „Diese Waffen werden wirklich dazu beitragen, das Leben unseres Volkes zu retten und unser Land zu schützen“, sagt Selenskyj in Kiew. Er dankte auch Schweden, das am Donnerstag unter anderem Schiffsabwehr-Raketen zusagte.
Eine Hilfe sei auch das neue sechste Sanktionspaket der EU gegen Russland mit einem weitgehenden Öl-Embargo. „Die Welt verzichtet endlich auf russisches Öl“, sagt der ukrainische Präsident.
0.01 Uhr: Habeck erwartet große Auseinandersetzungen über Kosten des Kriegs
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erwartet im Herbst und Winter große gesellschaftliche Auseinandersetzungen über die Folgekosten des russischen Kriegs gegen die Ukraine. „Wir werden einen dramatischen Anstieg der Heizkosten erleben“, sagt er in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. „Ob da dann die politischen Maßnahmen ausreichen, um gesellschaftlichen Frieden und das Gefühl, dass es fair in diesem Land zugeht, durchzuhalten, das wird die entscheidende Frage des Herbstes und des Winters werden. Da bin ich noch nicht ganz sicher“, erklärt er auf die Frage, ob Deutschland bei der Unterstützung der Ukraine und den Sanktionen gegen den Angreifer Russland die Puste ausgehen könnte.
Habeck fürchtet, dass mit zunehmender Kriegsdauer hierzulande ein Gewöhnungseffekt einsetzen könnte. Andere Themen bis hin zur Fußball-Bundesliga könnten die Empörung über die russische Aggression und die Gräueltaten verdrängen.
0.01 Uhr: Ukrainische Zivilisten flüchten sich in Bunker unter Chemiefabrik
In der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine verstecken sich nach übereinstimmenden ukrainischen und russischen Angaben Zivilisten in Bunkern unter einer Chemiefabrik. Die ukrainische Verwaltung des fast an Russland verlorenen Gebiets Luhansk spicht von etwa 800 Menschen in der Fabrik Asot (Stickstoff). „Das sind Einheimische, die gebeten wurden, die Stadt zu verlassen, die sich aber geweigert haben. Auch Kinder sind dort, aber nicht sehr viele“, sagt Gouverneur Serhij Hajdaj dem US-Sender CNN.
Trotz des Vorrückens russischer Truppen in der Stadt wird die Fabrik weiter von ukrainischen Soldaten verteidigt. Ein Sprecher der prorussischen Separatisten von Luhansk wirft den ukrainischen Bewaffneten vor, die Zivilisten in das Werk gelockt zu haben und sie mit Gewalt am Verlassen zu hindern. Das meldete die Agentur Tass.
0.01 Uhr: Selenskyj: Russland kontrolliert nun ein Fünftel der Ukraine
Die russischen Streitkräfte kontrollieren nach ukrainischen Angaben inzwischen ein Fünftel des Landes. „Rund 20 Prozent unseres Territoriums sind nun unter Kontrolle der Besatzer“, sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar wurden tausende Menschen getötet und mehrere Millionen Ukrainer in die Flucht getrieben. Vor allem im Osten des Landes werde die Lage immer schwieriger, sagt Selenskyj in einer Ansprache vor dem Parlament in Luxemburg. „Wir verlieren täglich 60 bis 100 Soldaten.“
Das nun von Russland kontrollierte Gebiet sei bei weitem größer als die Fläche der Benelux-Staaten zusammen. Es umfasse fast 125.000 Quadratkilometer, vor dem 24. Februar seien es gut 43.000 Quadratkilometer gewesen. Russland hatte 2014 die Halbinsel Krim annektiert und im Osten kontrollierten pro-russische Separatisten rund ein Drittel der Bergbauregion Donbass.
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