Nach der Osterpause hat die britische Regierungschefin Theresa May im Brexit-Ringen die Gespräche mit der oppositionellen Labour-Partei wieder aufgenommen. Ein Regierungssprecher sprach anschließend am Dienstag von „ernsthaften, aber schwierigen“ Beratungen. Labour-Chef Jeremy Corbyn warf May vor, nicht von ihren „roten Linien“ abzuweichen.
„Die Herangehensweise der Regierung muss sich ändern“, sagte der Oppositionsführer. Die Regierung könne nicht weiter auf ihren Vorschlägen beharren, die bereits drei Mal im Parlament abgelehnt worden seien.
Die Abgeordneten hatten den von May mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag drei Mal abgelehnt. Das Abkommen stößt auch bei Mays konservativen Tories auf heftigen Widerstand.
May musste deshalb bereits zwei Mal eine Verschiebung des EU-Austritts Großbritanniens beantragen. Ursprünglich war der Brexit für den 29. März vorgesehen, dann für den 12. April. Derzeit gilt eine „flexible“ Verschiebung bis zum 31. Oktober, der den Briten auch einen Austritt vor diesem Termin ermöglicht.
Während May einen Rückzug aus der Zollunion und aus dem europäischen Binnenmarkt anstrebt, damit Großbritannien seine Handelsbeziehungen und seine Einwanderungspolitik selbst in die Hand nehmen kann, will die Labour-Partei enger an die EU gebunden bleiben. Die Zeit drängt: Der britischen Regierung bleibt nur noch ein Monat Zeit für eine Einigung, um eine Teilnahme an der Europawahl Ende Mai zu vermeiden.
Die Vorbereitungen auf die Europawahl, die in Großbritannien am 23. Mai abgehalten werden sollen, laufen bereits auf Hochtouren. Während der Europa-Gegner Nigel Farage Mitte April den Europawahlkampf seiner Brexit-Partei startete, stellte die pro-europäische Partei Change UK am Dienstag in Bristol ihre Kandidatenliste vor.
In der Partei haben sich frühere Mitglieder von Tories und der Labour-Partei organisiert. Unter den Kandidaten ist die Schwester des Brexit-Hardliners und früheren Außenministers Boris Johnson, Rachel Johnson.
Im Interview mit der Zeitung „Evening Standard“ sagte Johnson, sie sei sicher, ihr Bruder werde verstehen, dass ihr Schritt sich nicht gegen ihn richte. Vielmehr fühle sie sich verpflichtet, „aufzustehen und Farbe für etwas zu bekennen, woran ich glaube“.
Bei der Vorstellung ihrer Liste für die Europawahl in Bristol konnte Change UK neben Rachel Johnson weitere prominente Kandidaten präsentieren: Polens früherer Finanzminister und stellvertretender Ministerpräsident Jacek Rostowski tritt ebenso für die Pro-Europäer an wie der frühere BBC-Journalist Gavin Esler.
Nach Angaben der kommissarischen Parteivorsitzenden Heidi Allen, die einst für die Tories im Unterhaus saß, hatten sich rund 3700 Menschen um eine Kandidatur für Change UK beworben – darunter frühere Anhänger von Labour, Konservativen, Liberalen und Grünen.
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