Öffentlicher Nahverkehr Deutschlandticket startet: Forderungen nach mehr ÖPNV-Ausbau
Auf den Erfolg des 9-Euro-Tickets folgt nun – nach langen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern – das Deutschlandticket. Doch reicht das für den dauerhaften Umstieg auf Busse und Bahnen?
Das lange erwartete Deutschlandticket für Busse und Bahnen in ganz Deutschland kann ab heute genutzt werden. Seit Mitternacht gilt das Ticket für 49 Euro im Monat bundesweit im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Nach einer Hochrechnung des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) haben weit mehr als drei Millionen Menschen schon für Mai den Fahrschein gelöst. Darunter sind dem Verband zufolge 750.000 Menschen, die bisher kein Nahverkehrs-Abo besaßen.
Das Ticket wird als monatlich kündbares Abo verkauft. Der VDV und die Deutsche Bahn gehen davon aus, dass sich perspektivisch 17 Millionen Menschen das Ticket zulegen werden. Mit überfüllten Zügen gleich im Mai wird aufgrund des Tickets aber nicht gerechnet. Anders als das 9-Euro-Ticket im vergangenen Sommer, das als Vorgänger gilt, ist das 49-Euro-Ticket auf Dauer angelegt.
Bahn rechnet mit „spürbarem Nachfrageschub“
„Wir gehen davon aus, dass wir mit dem Deutschlandticket einen spürbaren Nachfrageschub haben werden“, sagte Evelyn Palla, die im Vorstand der Deutschen Bahn für den Regionalverkehr zuständig ist, der Deutschen Presse-Agentur. „Der wird aber nicht schlagartig zum 1. Mai eintreten.“
Das 9-Euro-Ticket sei eine begrenzte Aktion für drei Monate gewesen, „wo jeder rasch in den Besitz des Tickets kommen wollte, um es auszukosten“, sagte Palla. Die Nachfrage beim Deutschlandticket werde sich nun „über die nächsten Monate kontinuierlich aufbauen“.
Finanziert wird das Deutschlandticket von Bund und Ländern. Sie wollen damit den ÖPNV erschwinglicher machen und mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf Busse und Bahnen bewegen. In der Branche wird das Ticket zudem vor allem als „Ende des Tarifdschungels“ gefeiert – allerdings haben die Länder durch Sonderregeln und Zusatztickets auch bei diesem Fahrschein ihre je eigenen Vorstellungen bereits angekündigt und teils auch schon umgesetzt.
Für bestimmte Gruppen günstiger
Im Kern ist das Ticket einfach aufgebaut: Für 49 Euro gibt es ein bundesweit gültiges Ticket, das zu jeder Uhrzeit gilt, dabei nicht übertragbar ist und auch keine Mitnahme von anderen Personen (ab 6 Jahren), Fahrrädern oder Haustieren erlaubt. Zudem gibt es eine Jobticket-Option: Wenn der Arbeitgeber mindestens 25 Prozent des Ticketpreises übernimmt, muss der Verbraucher nur noch 34,30 Euro oder weniger zahlen – je nach Arbeitgeberanteil.
Einige Bundesländer bieten den Fahrschein aber für bestimmte Personengruppen vergünstigt an, etwa für Studierende, Auszubildende oder Senioren. Zudem haben einzelne Verkehrsverbünde für ihre Bereiche Mitnahmeregeln ergänzt, in einzelnen Regionen gibt es zudem Zusatztickets für die Fahrradmitnahme oder auch, um das Ticket an eine andere Person weitergeben zu können.
Forderung nach ÖPNV-Ausbau
Vor allem die Umweltverbände zeigten sich zuletzt skeptisch, dass das Ticket tatsächlich viele Menschen zum dauerhaften Umstieg auf Busse und Bahnen bewegen wird. Sie forderten zusätzlich eine Ausbauoffensive für den ÖPNV. Der geringe Kaufpreis sei nur ein Faktor für den Umstieg auf Busse und Bahnen – ein gutes Angebot mit dichten Takten sei ebenfalls wichtig.
„Wir rechnen damit, dass die Nachfrage nach dem Deutschlandticket besonders in den Städten und in den Metropolregionen hoch sein wird. Dort haben wir auch das dichtere ÖPNV-Angebot“, sagte auch DB-Vorständin Palla. „Wir haben beim 9-Euro-Ticket gesehen, dass wir mehr Tickets in den Regionen verkauft haben, wo wir ein gutes ÖPNV-Angebot haben. Deswegen ist es mir so wichtig, dass wir gerade dort Angebote für den umweltfreundlichen öffentlichen Personennahverkehr schaffen, wo es heute noch nicht ausreicht.“
Die Sozialverbände forderten derweil in den vergangenen Monaten immer wieder ein 29-Euro-Ticket flächendeckend für einige Personengruppen. „Mit einem Standardpreis von 49 Euro ist das Ticket speziell für Familien, Kinder und Jugendliche sowie für Menschen mit geringem oder keinem Einkommen zu teuer“, teilte etwa das Bündnis Sozialverträge Mobilitätswende zuletzt mit. Dazu gehören unter anderem die Gewerkschaften Verdi und IG Metall, die Sozialverbände VdK, SoVD und Awo sowie die Umweltverbände BUND und Nabu.
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